Aufruf zum Zusammenhalt und für Demokratie
Seit Wochen finden deutschlandweit und auch in München unangemeldete Demonstrationen unter der trügerischen Bezeichnung „Spaziergänge“ und von Antisemiten, Verschwörungsideologen und rechtsextremen Gruppierungen unterwandert, gegen die Maßnahmen zur Einschränkung der Pandemie statt.
Als Mehrheit der Gesellschaft dürfen wir hier nicht tatenlos zusehen und schweigen. Wir müssen klarmachen, dass der weitaus größte Teil der Münchner*innen mit Vernunft und Verstand auf die Herausforderungen dieser Zeit reagiert und für die Verantwortung übernehmen, die besonders unter der Pandemie und ihren Folgen leiden. Um dieser Mehrheit eine Stimme zu verleihen, bitten wir, die „Münchner Erklärung“, Wortlaut siehe weiter unten, zu unterzeichnen.
Erstunterzeichnerinnen und Erstunterzeichner
Dieter Reiter, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München. Dr. h.c. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Christian Springer, Kabarettist. Susanne Breit-Keßler, Regionalbischöfin i.R. und Publizistin. Christian Ude, Alt-Oberbürgermeister. Christine Strobl, Alt-Bürgermeisterin. Dr. Florian Bieberbach, Vorsitzender d. Geschäftsführung SWM. Micky Wenngatz, Vorsitzende München ist bunt! e.V.. Christian Kopp, Regionalbischof Kirchenkreis München u. Oberbayern. Barbara Kittelberger, Stadtdekanin i.R. Roland Hefter, Liedermacher. Judith Greil, Vorsitzende Kreisjugendring München-Stadt. Sigi Benker, Geschäftsführer Münchenstift. Hiltrud Schönheit, Vorsitzende Katholikenrat München. Till Hofmann, Musik- und Kabarettveranstalter. Jürgen Kirner, Volkssänger und Kabarettist. Beatrix Zurek, Vorsitzende Mieterverein. Dr. Andreas Bieberbach, Dipl. Chemiker. Simone Burger, Vorsitzende DGB München. Stefan Hemler, Geschichtslehrer Initiative #ProtectTheKids. Dimitrina Lang, Vorsitzende des Migrationsbeirates München. Dr. Bernhard Liess, Stadtdekan. Cumali Naz, ehem. Vorsitzender des Migrationsbeirates. Dr. Mirjam Zadoff, Direktorin NS-Dokumentationszentrum München.
Katrin Habenschaden, 2. Bürgermeisterin. Verena Dietl, 3. Bürgermeisterin. Christian Müller, Fraktionsvorsitzender SPD/Volt Fraktion. Anne Hübner, Fraktionsvorsitzende SPD/Volt Fraktion. Joel Keilhauer, Parteivorsitzender Bündnis 90/Die Grünen. Svenja Jarchov, Parteivorsitzende Bündnis 90/Die Grünen. Dr. Florian Roth, Fraktionsvorsitzender Grün/Rosa-Liste. Anna Hanusch, Fraktionsvorsitzender Grün/Rosa-Liste. Florian v. Brunn, SPD Landtagsabgeordneter. Claudia Tausend, Vorsitzende SPD München. Dominik Krause, Stadtrat und stellv. Vorsitzender München ist bunt! e.V. Christian Vorländer, Stadtrat und stellv. Vorsitzender München ist bunt! e.V. Markus Lutz, Vorsitzender Bezirksausschuss Sendling. Manuel Pretzl, Fraktionsvorsitzender CSU Stadtratsfraktion. Jörg Hofmann, Fraktionsvorsitzender FDP Stadtratsfraktion. Stefan Jagel, Fraktionsvorsitzender DIE LINKE Stadtratsfraktion. Michael von Stosch, Co-Vorsitzender Volt München. Emmie van Oirschot, Co-Vorsitzende Volt München. Peter Mehling, Stadtrat Freie Wähler. Rudolf Schabl, Stadtrat Freie Wähler.
u.v.m.
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Wortlaut der Erklärung
Seit Wochen finden deutschlandweit und auch in München unangemeldete Demonstrationen unter der trügerischen Bezeichnung „Spaziergänge“ gegen die Maßnahmen zur Einschränkung der Pandemie statt. Von Anfang an fanden sich bei den sogenannten Anti-Corona Demos antisemitische und geschichtsverfälschende Plakate sowie Angehörige rechtsextremer Parteien. Nahezu täglich ist über eine immer stärkere Radikalisierung der Teilnehmenden zu lesen.
Gleichzeitig arbeiten in den Krankenhäusern Mediziner:innen und Pflegepersonal am Limit. Es ist uns wichtig, allen Mitarbeiter:innen in Klinik- und Pflegeeinrichtungen unseren Dank auszusprechen. Wir wissen, wie wesentlich und unentbehrlich ihre Arbeit ist und haben tiefen Respekt, dass sie diese Arbeit auch unter den Extrembedingungen in Pandemiezeiten aufopferungsvoll verrichten.
Die Mehrheit der Menschen in München, in ganz Deutschland, verhält sich vernünftig, solidarisch und rücksichtvoll. Restaurants und lokale Einzelhändler halten sich an geltende Regeln und setzen die 2-G-Regel um, Kultureinrichtungen haben zum Wohl aller Menschen ihren Betrieb stark eingeschränkt oder eingestellt, viele Unternehmer:innen versuchen trotz Ausfällen mit 3 G, Quarantänen und Tests ihre Produktion auch in der Pandemie aufrecht zu erhalten. Existenzen sind gefährdet.
Sie alle wissen, dass die Bekämpfung der Pandemie eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Sie kann nur gemeinsam bewältigt werden. Es kann nicht akzeptiert werden, dass die Anstrengungen zur Eindämmung des Coronavirus und die Entbehrungen durch das verantwortungslose Handeln einer Minderheit schlecht geredet und gefährdet werden. Wir vertrauen auf die Empfehlungen der Wissenschaft, um größeren Schaden von allen abzuwenden.
Wir haben das große Glück, in einer freien, friedlichen und demokratischen Gesellschaft zu leben. Demokratie und die Grundrechte schützen jeden einzelnen und geben jedem und jeder die Möglichkeit, sich einzubringen. Daraus entsteht auch eine Verantwortung eines jeden, einer jeden für die Gemeinschaft. Dieser Zusammenhang ist der Mehrheit der Menschen, die in unserer Stadt leben, bewusst.
Das Versammlungsrecht ist ein Grundrecht und hohes Gut, das eine wesentliche Voraussetzung für unsere demokratische Grundordnung ist. Wer allerdings Versammlungen ohne rechtliche Grundlage und ohne Verantwortliche Woche für Woche organisiert, tritt dieses Grundrecht mit Füßen. Die Parolen einer lautstarken Minderheit, dass der Staat wie eine Diktatur handle, sind absurd und verhöhnen alle Opfer von Diktaturen, in der Vergangenheit und heute.
Natürlich ist sachliche Kritik an der Coronapolitik bzw. einzelnen Maßnahmen im Rahmen eines demokratischen Diskurses berechtigt und auch wichtig. Es ist keinesfalls unser Ansinnen dies zu unterbinden. Aber, allen sollte klar sein: Die überregionalen Initiator:innen der Corona-Proteste nutzen die Pandemie als Vorwand, um Verschwörungsideologien zu verbreiten, demokratische Prozesse zu diskreditieren und die Gesellschaft zu spalten. Teils gehen sie aggressiv gegen Polizist:innen und und Journalist:innen vor und versuchen Andersdenkende einzuschüchtern. Besonders perfide ist es, wie schon vorgekommen, wenn gezielt kleine Kinder als „Schutzschilde“ gegen notwendige Polizeimaßnahmen eingesetzt werden (*).
Die Unterzeichnenden verurteilen die von den Versammlungen und Aufmärschen ausgehende verbale und auch körperliche Gewalt scharf. Wer im vermeintlichen Schutz der Anonymität Straftaten begeht und Polizeibeamt:innen angreift und sogar verletzt, der stellt sich gegen unsere Wertegemeinschaft.
Eine Gemeinschaft mit den im Verborgenen bleibenden Organisatoren, die gezielt das Versammlungsrecht umgehen und ihre Identität verschleiern möchten, führt in die Irre. Wer mit Rechtextremen und Demokratiefeinden mitläuft, macht sich mitschuldig.
Wir rufen daher alle Mitbürger:innen dazu auf, sich nicht an Anti-Corona-Demonstrationen und sogenannten „Spaziergängen“ zu beteiligen, die sich gegen Maßnahmen richten, die eine schlimmere Ausbreitung des Corona-Virus verhindern sollen.
In der Vergangenheit haben zig Tausend Münchner:innen schon oft auf der Straße Gesicht gezeigt gegen Antisemitismus, Rassismus und Geschichtsrevisionismus. Als Münchner:innen stehen wir auch jetzt zusammen und treten für unsere gemeinsamen Werte ein, ohne andere in Gefahr zu bringen. Da das aktuelle Infektionsgeschehen größere Demonstrationen auf der Straße nicht zulässt, sehen wir diese Erklärung als Sprachrohr und erheben unsere Stimme gegen Coronaleugner, Verschwörungstheoretiker und rechtsextreme Ideologen.